white out: Günter Wintgens
Aus kleinsten schwarzen Farbpartikeln formieren sich die Wandmalereien von Günter Wintgens, denen Ausschnitte fotografischer Porträts zu Grunde liegen - zum Beispiel in Gestalt einer anonymen, extrem vergrößerten Augenpartie. Ausgehend von solchen Vorlagen sind für "white out" zwei Arbeiten vor Ort entstanden, deren Ausdruck nicht nur durch den unterschiedlichen Fokus, sondern auch durch die Proportion der Wandflächen variiert: War es in Bregenz das Gesicht eines Mannes auf annähernd quadratischem Grund, so wählte Wintgens für Saarbrücken die Augen einer Frau, die sich im seitlichen Anschnitt über eine breite, niedrige Stirnwand erstreckten. Angesiedelt auf dem schmalen Grad von plötzlichem Erscheinen und Wieder-Verschwinden, von suggestiver Präsenz und chaotischer Atomisierung der malerischen Bestandteile, nehmen die Wandmalereien, wie von einem medialen Rauschen untermalt, den Charakter von Vexierbildern an, über deren Lesbarkeit allein die Position und Perspektive des Betrachters im Raum entscheiden. Und doch lassen sowohl die radikalen Größenunterschiede als auch die ungerichteten Augen der fragmentarischen Gesichter die Suche nach einem idealen Standpunkt immer wieder ins Leere laufen: eine labile Situation zwischen Anschauen und Angeschaut-Werden, die den Blick reflektiert und auf sich selbst zurückwirft.
Stefan Rasche, Berlin
Katalogtext zur Ausstellung "white out" im Künstlerhaus Palais Thurn und Taxis Bregenz und der Stadtgalerie Saarbrücken, 2007